Marius von Mayenburg – Der Hässliche
Theater an der Winkelwiese Zürich 2007
Regie: Stephan Roppel
Ausstattung: Petra Straß
Licht: Michael Omlin
Technik: Manuel Caspani
Dramaturgie: Sibylle Heim
"Auf dem Karussell der Eitelkeiten" ...Stephan Roppels Regie der Schweizer Erstaufführung des Stücks setzt auf diesen Tonfall. Die Schauspieler des Theater an der Winkelwiese repräsentieren klischierte Typen, die ihre Funktionen wie Schachfiguren erfüllen, ihre Handlungen auf einige wenige Gesten reduziert - selbst wenn sie sich gelegentlich über- und miteinander als Körperknäuel auf dem Boden wälzen. Die vom Autor vorgegebenen Mehrfachbesetzungen finden ihre Entsprechung in fliessenden Szenenübergängen, in denen die Schauspieler von einer Figur in die andere switchen. Petra Straß hat diese Vorlage in eine einfache, aber geniale Bühne übersetzt. Die grosse, runde Drehscheibe greift ins Geschehen ein, indem sie die Figuren aufeinander zu- oder voneinander wegbewegt, ihnen den Boden unter den Füssen entzieht. Dieses Karussell der Eitelkeiten bringt Lette und die anderen "ins Spiel", wird dann aber zur immer schneller kreisenden Maschine, die Menschen einsaugt, mitschleift und nach Gebrauch wieder ausspuckt. Die Schauspieler überzeugen in ihren Doppelrollen, die sie mit grosser Lust an der Verwandlung spielen...
Bettina Spoerri, Neue Züricher Zeitung 24.09.2007
"Operation erfolgreich" ...Die Uraufführung an der Berliner Schaubühne im Januar hat schlechte Kritiken bekommen. Statt auf den Sprachwitz setzte sie auf Knalleffekte. Im Theater an der Winkelwiese vertraut Hausherr Stephan Roppel nun für die Schweizer Erstaufführung dem Text. Ein lindgrünes Podest mit einer grauen Drehbühne hat Petra Straß in den Kellerraum gebaut. Das reicht. Auch Mayenburg arbeitet gern mit einfachen Theatermitteln. Verwandlungskraft der Schauspieler und Fantasie des Publikums zählen...Regisseur Roppel sorgt für Tempo. Er schafft den "Hässlichen" in einer Stunde. Immer nahtloser und komischer gehen die Szenen ineinander über, auch dank solidem Ensemblespiel.
Peter Müller, Tages- Anzeiger 24.09.2007
"Was zählt, sind die äusseren Werte" ...Roppel hat die Satire über Schönheitswahn und Identität frisch und schnörkellos inszeniert, Petra Straß`Bühne, einzig aus einer Drehscheibe bestehend, ist eine einfache, aber sinngebende Anspielung auf Thackerays "Jahrmarkt der Eitelkeit". ...Ein freches Stück über den Zwang zur Stromlinienförmigkeit.
NZZ am Sonntag 14.10.2007
"Schönheitskult und seine Folgen" ...Künstlich erzeugte Schönheit ist reine Oberfläche, auswechselbar, klonbar. Mit Identität hat sie nichts zu tun. Regisseur Stephan Roppel gelingt es, diesen Prozess in seiner ganzen Vielschichtigkeit schlüssig zu inszenieren. Die Bühne ist leer, ohne Requisiten: ein zur Geschichte passender luftleerer, anonymer Raum. Die in die Bühne eingebaute Drehscheibe unterstreicht die kreisende Ausweglosigkeit. Am Schluss des 60- minütigen, im letzten Januar in Berlin uraufgeführten Stücks hat sich Lette gänzlich verloren. Sein altes Gesicht bekommt er nicht zurück, zum Selbstmord fehlt ihm der Mut. Mit Karlmann, den der Chirurg ebenfalls operiert hat, geht er eine erschreckend komische Doppelidentität ein. "Ich kann nicht leben ohne mich", so ihre groteske Überzeugung.
Züricher Landzeitung 24.09.2007
"Meterware"...Stephan Roppel überrascht mit seiner Eröffnungspremiere im Theater an der Winkelwiese. So viel gelacht wie bei "Der Hässliche" wurde in diesem Keller noch selten...Nichts ist sicher, ausser der stete Wandel. Das hat auf der Bühne immer noch komisches Potential, selbst wenn sich alles in Richtung Tragödie bewegt...
Thierry Frochaux, P.S. Zürich 27.09.2007
"Ihr Gesicht - also, das geht gar nicht!"...Tönt nach Klamauck, ist aber ein starkes Stück: Im Theater an der Winkelwiese schlägt sich "Der Hässliche" durchs Leben...Ein äusserst sehenswertes Stück. Michael Graber, Blick 24.09.2007