E. Bond – September
Staatstheater Hannover 1994
Regie: Manfred Weiß
Bühne und Kostüme: Petra Straß
Die Inszenierung von Manfred Weiß (der Bond auch übersetzt hat) nutzt den anregendsten Theaterraum des hannoverschen Schauspiels, das beispielhaft verfallene (und deshalb einer Kathedrale, wie bei der September Uraufführung vor fünf Jahren in Canterbury, sehr ähnliche) und von Petra Straß mit Wandgemälden nach Art des Jüngsten Gerichts gestaltete Treppenhaus der Cumberlandschen Galerie
sie (die Inszenierung) verharrt zu lange und zu intensiv in der Statuarik des Oratoriums; oder, zeitgenössischer: des Lehr - und Lern Stücks. Zumal das Treppenhaus, dieses Sinnbild von oben und unten, dies auch nahe legt, wenn Peter Wolfs `Mendes`, Dieter Hufschmidts `O` und Anna Steffens als Bettler noch so lebendig leicht gegen diese Strenge anzuspielen versuchen. Allemal aber bleibt September die größte Herausforderung dieser drei Premieren-Tage auch und gerade als Erinnerung an das, was Theater sein kann, wenn es nur will: Denk-Stätte, Streit-Ort, Arbeits-Platz. Auch für die Zuschauer.
Textbeitrag Hannover-Auftakt `94 NDR 3 19.9.94
Pistole gegen Brotkrümel ein Experiment
Dieter Hufschmidt als O weiß geschminkt, über dem Gesellschaftsanzug trägt er einen Seidenkimono der globale Machtinhaber. Hufschmidt spielt diesen Zyniker ganz leise, fast menschlich, als hätte er ein echtes Interesse an der Verbesserung der Welt und litte selber unter dem Gesetz, von dem er profitiert. Peter Wolf, beinah ein Ebenbild des echten Mendes, ist (trotz einiger Anfangsnervosität) ungemein plastisch als Verfechter seiner konkreten Utopie: Freundlich und listig, wenn er den Bettler von seinem Zukunftsbild zu überzeugen versucht; immer erschrockener, wenn er merkt, dass es nicht fruchtet. Den Bettler spielt Anna Steffens
Über dem Baumwollkittel trägt sie eine kunstvoll zerschlissene rote Offiziersuniform aus dem Fundus (Ausstattung: Petra Straß);
Starker und berechtigter Applaus für alle Beteiligten.
Hannoversche Allgemeine Zeitung 19.9.94